Andrea Pavlovec-Meixner: Gemeinderätin, Sprecherin für Umwelt, Klimaschutz, Energie, Grünraum, Tierschutz, Wirtschaft und BürgerInnenbeteiligung
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Fernwärme statt Feinstaub, unter diesem Motto treibt die Stadt Graz den Ausbau der Fernwärmeanschlüsse konsequent voran. Fernwärme ist für Graz die emissionsärmste Form zu heizen, gewonnen wird sie derzeit durch Produktion in Kraft-Wärme-Kopplungs-Kraftwerken, durch Nutzung von Abwärme – also Wärme, die als Nebenprodukt bei einem Prozess anfällt – in Kraftwerken und in der Industrie sowie zu einem kleinen Anteil aus Solaranlagen. Über Rohrleitungen wird sie anschließend ans Ziel geliefert. Mehr Fernwärme = weniger Hausbrand = weniger Feinstaub, so die einfache Gleichung.
Hausbrand, so die Bezeichnung für die Beheizung von Privathaushalten, indem zum Beispiel Öl, Holz oder Kohle im Kamin verbrannt wird, ist für nahezu ein Viertel des Grazer Feinstaubausstoßes (und zahlreiche weitere Schadstoffe) verantwortlich. Schon 2011 beschloss der Grazer Gemeinderat den von Umweltstadträtin Lisa Rücker vorgelegten Fernwärme-Ausbauplan, der für eine saubere Luft auch dringend notwendig ist. Tatsächlich hat der konsequente Ausbau von Fernwärmeanschlüssen allein im Jahr 2012 zu sechs Tonnen Feinstaub weniger geführt. Heute verfügen rund 50.000 Grazer Haushalte über Fernwärmeanschlüsse, bis zum Jahr 2030 sollen es 80.000 sein (etwa 60 Prozent aller Haushalte).
Mittels Fernwärme zu heizen ist also umweltfreundlich, doch wie ökologisch ist die Erzeugung dieser Wärme? Zwei Drittel der Grazer Fernwärme kommen derzeit – verbunden mit entsprechend hohen CO2-Emissionen – aus dem Steinkohlekraftwerk Mellach im Süden von Graz. Sechs Jahre noch versorgt die Verbund AG Grazer Haushalte mit Fernwärme aus Mellach, danach endet der Wärmeliefervertrag. Höchste Zeit also, sich nach umweltfreundlicheren Alternativen umzusehen.
Direkt neben dem Kohlekraftwerk in Mellach befindet sich ein neues Gas- und Dampfkraftwerk, mit dem deutlich schadstoffärmer als mit Kohle Wärme gewonnen werden kann. Doch es ist kaum in Betrieb und steht vor dem Aus. Warum?
Der Spatenstich für das 550 Millionen Euro teure Kraftwerk erfolgte 2008, von Beginn an war das Projekt umstritten. Die steirischen Grünen warnten vor einer massiven Verschlechterung der CO2-Bilanz des Landes durch den Bau eines weiteren Kraftwerks, das auf fossile Brennstoffe setzt, ohne das bestehende Kohlekraftwerk stillzulegen. Der Verbund hingegen argumentierte vor allem mit dem hohen Wirkungsgrad der Gas- und Dampfblöcke: 70 Prozent der eingesetzten Energie werden in Strom bzw. Wärme umgewandelt.
Den Bedenken zum Trotz ging das neue Kraftwerk im Jahr 2012 in Betrieb – und wurde zu einem katastrophalen finanziellen Misserfolg: Hohe Gas- und niedrige Strompreise veranlassten den Verbund Ende 2013 zu der Erklärung, dass „Gaskraftwerke aufgrund der Rahmenbedingungen am Energiemarkt aktuell nicht wirtschaftlich zu betreiben“ seien. Momentan wird überlegt, das Kraftwerk stillzulegen oder zu verkaufen. Statt der Einspeisung aus dem effizienten Gaskraftwerk befeuert der Verbund also nach wie vor das benachbarte Kohlekraftwerk.
Das energiepolitische und finanzielle Desaster rund um die Kraftwerke in Mellach machte Andrea Pavlovec-Meixner, Umweltsprecherin der Grazer Grünen, im Dezember vergangenen Jahres im Gemeinderat zum Thema. Ihr Fazit:
Doch die Stadt Graz hat gegenüber der Bevölkerung die Verpflichtung, eine ökologisch nachhaltige Lösung für die Fernwärmeversorgung in Graz sicherzustellen. Woher soll nun also die Grazer Wärme ab 2020 kommen?
Die ökologisch sinnvollste Möglichkeit, um einen Teil der Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Mellach zu ersetzen, ist die Nutzung der Abwärme der Papierfabrik Sappi in Gratkorn. Industrieabwärme wird bereits jetzt in Graz genutzt, ein Teil der städtischen Fernwärme kommt zum Beispiel aus dem Stahl- und Walzwerk Marienhütte. Zurück zu Sappi: Im Oktober 2012 unterzeichnete Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) eine Übereinkunft mit der Papierfabrik, wonach die dort anfallende Abwärme künftig ins städtische Fernwärmenetz fließen soll. Sappi könnte 18.000 Grazer Haushalte versorgen, sowohl die Kohlendioxid- als auch die Stickstoff-Bilanz im Großraum Graz würde sich verbessern. Doch nun ist es um dieses ambitionierte Projekt still geworden. „Leider hat man seit der feierlichen Unterschrift unter die Absichtserklärung nichts mehr von der weiteren Projektentwicklung gehört“, bedauert Pavlovec-Meixner. Dem Vernehmen nach sind sich die Verhandler der Stadt Graz mit Sappi über die Kosten der eingespeisten Abwärme und des Leitungsbaus uneinig.
Bürgermeister Nagl gab in der Gemeinderatssitzung im letzten Dezember schließlich zwei Versprechen ab, nämlich die Einsetzung einer Arbeitsgruppe sowie eine regelmäßige Berichterstattung im Gemeinderat zum Thema Grazer Fernwärmeversorgung. Bislang jedoch sind von den Fortschritten der Arbeitsgruppe noch keine Informationen bis in den Gemeinderat vorgedrungen. Pavlovec-Meixner lässt nicht locker: Sie stellte an Bürgermeister Nagl im April eine Anfrage, wie die Ziele, Inhalte und der Zeitplan der Arbeitsgruppe „Wärmeversorgung Graz 2020/2030“ aussehen. Im Herbst dieses Jahres sollen nun endlich Ergebnisse vorliegen.
Das erklärte Ziel der Grazer Grünen jedenfalls ist es, das Kohlekraftwerk in Mellach möglichst bald stillzulegen und den erneuerbaren Anteil an der Grazer Fernwärme, also die „grüne Fernwärme“, deutlich zu erhöhen – für eine nachhaltige, sichere und leistbare Energieversorgung im Großraum Graz!